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Wir bauen an den Fundamenten unserer Partei DIE LINKE.

Hier findet man in Kürze Diskussionsvorschläge, Positionen, Grundsatzpapiere, Eckpunkte, Thesen und auch Aphorismen. Autoren sind sowohl renommierte und bekannte sachverständige Menschen aus Theorie und Praxis linker Politik, als auch Mitglieder unserer Partei, die sich beachtenswerte Gedanken über unsere Programmatik machen. Die Zusammenstellung der Dokumente ist eher zufällig - obwohl wir versuchen, eine gewisse Ordnung hineinzubringen, damit man auch etwas finden kann, wenn man es sucht.

WiVo, 01-12-2009, 07.30h


Dokumente zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik (Politische Ökonomie)



Eine Revolution für das Grundgesetz

Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke und Paul Schäfer
Über Nation, Nationalstaat und Europäische Union

Die Debatte um Nationalstaat und Nation begleitet die Linke von ihrem Beginn an. Verbunden mit der »Europafrage« hat sie neue Zuspitzungen erfahren.

Vieles – vom Verdikt »vaterlandslose Gesellen« gegen Bebels SPD, der Verbrennung von Büchern und der Ausbürgerung humanistischer Eliten bis zum »Geht doch nach drüben!« – zeigt: Weite Teile der Bourgeoisie wollten nie mit der Linken unter dem Dach einer deutschen Nation zusammenleben. Darunter haben Linke gelitten, körperlich und geistig, im Exil ihrer Wurzeln und Sprache beraubt. Nation, Nationalstaat und erst recht Heimat bekamen unter Linken, beileibe nicht allen, einen verständlicherweise schlechten Klang. Aber, wenn aus dieser antipodischen Fixierung Humanisten heute die Nation den antidemokratischen Nationalisten, den Nationalstaat den entgrenzenden Sozialstaats-Abwicklern (z. B. via EU-Dienstleistungsrichtlinie und Steuerdumping) und Heimat sowie Volkslieder den mystischen Kameradschaften von rechtsaußen kampflos überlassen, wäre dies auch ein später Triumph der Nazis.

Die Organisation der menschlichen Gesellschaft in Staaten ist nach Hegel eine historische Tatsache und kann daher nicht weggedacht werden. Man könne sich demnach nicht für oder gegen den Staat, sondern nur für den einen oder für einen anderen Staat entscheiden. Hegel lehrt zudem, Staaten mit Individuen zu vergleichen. Wie Individuen können auch sie in Konflikte miteinander geraten, sich verbünden und sich auch wieder voneinander trennen. Sie können untergehen bzw. auf den Status bloßer Regionen oder abhängiger Teilstaaten herabsinken. Auch so manches deutsche Bundesland blickt auf eine lange einzelstaatliche Geschichte zurück. Und natürlich können Staaten auch neu entstehen. So stellt sich uns heute die Frage, ob wir mit der Europäischen Union Zeuge eines solchen Staatsbildungsprozesses werden.

Eine Diskussion über Nation und Nationalstaat (= national verfasster Flächenstaat – auch mit Mehrsprach- und Vielvölker-Hintergrund, wie z. B. die Schweiz) kann nur auf Grundlage der konkreten Analyse einer konkreten Situation geführt werden.

So lag der von Marx und Engels gebilligten Zustimmung zur deutschen Einigung unter preußischer Führung eine spezifische Einschätzung zu Grunde, die ihnen die undemokratische Form als hinnehmbar erscheinen ließ. In einem ganz anderen Kontext stand die Untersuchung des führenden österreichischen Sozialisten Otto Bauer über die Nationenfrage am Beginn des 20. Jahrhunderts. Es interessierte ihn, ob sich Nationen auch im Rahmen von multiethnischen Staaten – im damaligen Russischen Reich und in der Donaumonarchie – entwickeln können. Eine noch heute aktuelle Frage. Eine andere Konstellation stellte sich in Nachkriegsdeutschland. Hier war zu beantworten, ob die unterschiedliche soziale Entwicklung von BRD und DDR es rechtfertigt, zugleich auch von der Herausbildung zweier deutscher Nationen zu sprechen.

Eine unvoreingenommene Bewertung der gegenwärtigen Situation muss zunächst zur Kenntnis nehmen, dass sich der Nationalstaat heute keineswegs auf dem Rückzug befindet. Die Zahl souveräner Staaten ist von drei Dutzend 1945 auf heute gut 200 gestiegen. Dies war zunächst auf den Prozess der Dekolonisation zurückzuführen. Auch dadurch wurden Nationalstaaten zugleich Träger und Repräsentanten unterschiedlichster Kulturen und selbst von Weltreligionen. 1945 war dies noch ganz anders. In Europa hat sich die Zahl der Staaten durch die Auflösung Jugoslawiens und der Sowjetunion nach 1990 verdoppelt. Wir teilen den »Mangel an Begeisterung« eines Eric Hobsbawm über diese jüngere Entwicklung, weil sie mit Erbfolgekriegen verbunden war und auf einer Renaissance des überlebten Nationalismus des 19. Jahrhunderts gründete.

Die Staatenbildung als Überwindung des Kolonialismus ist eine andere Geschichte. Die sozialistische bzw. kommunistische Weltbewegung hatte an dieser Entwicklung entscheidenden Anteil. Ausgangspunkt dafür war der »Kongress der unterdrückten Völker des Ostens« 1920 in Baku. Die junge Sowjetunion wurde seinerzeit zum großen Hoffnungsträger der unterdrückten und im kolonialen Joch gehaltenen Völker. (Im Nachhinein betrachtet war es zugleich die große Leistung der kommunistisch regierten Länder in Vielvölkerstaaten, die verheerenden Wirkungen des Nationalismus in deren Inneren zu begrenzen.)

Aus linker Sicht kann es nicht darum gehen, der Idee eines ethnisch und sprachlich homogenen Nationalstaates nachzueifern.

Es geht um Dialektik und Zusammenhänge: von Kolonialismus und Antiimperialismus, von »Nationaler und sozialer Befreiung« (Titel des KPD-Programms vom 24.8.1930). Das Verlangen nach politischer Emanzipation war eng mit dem Bestreben unabhängiger gesellschaftlicher/wirtschaftlicher Entwicklung verbunden. Wer den Weg eigenständiger wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung beschreiten wollte, musste das Joch der Kolonialmächte und deren direkte Militärherrschaft abschütteln. Und umgekehrt: Wer »Nation« werden wollte, musste den Emanzipationsbedürfnissen der elenden Bevölkerung Rechnung tragen. Dies verband die politischen Eliten des unterdrückten Südens untereinander und mit den Kämpfen der Arbeiterbewegung in den Zentren des Nordens. Reflektiert wurde es in der Ergänzung des Kampfrufes »Proletarier aller Länder vereinigt euch« durch den Einschub »und unterdrückte Völker«. Die Führungen nationaler Befreiungsbewegungen haben sich daher meist auch als Internationalisten verstanden. Doch was bleibt davon heute?

Die Formen der Abhängigkeit haben sich erheblich verändert, aber die Abhängigkeit bleibt. IWF-Bevormundungsprogramme, das selbsterklärte Recht der NATO-Staaten, sich über die Souveränität der Einzelstaaten bei Bedarf hinwegzusetzen, die Errichtung von Quasi-Protektoraten, der immer schärfer werdende Zugriff des expansiven Kapitalismus des Nordens auf die Ressourcen des Restes der Welt belegen es. Wenn Venezuela und Bolivien heute ihre Energiequellen »nationalisieren« und sich auf ihre kulturellen Wurzeln besinnen, dann geht es genau um diesen Prozess der Herauslösung aus Abhängigkeit und Ausbeutung unter Führung der jeweiligen Linken. Diese hätten in Kuba ihre Führung ohne antiimperialistisch-nationale Identität längst verloren.

Die Linke in den kapitalistischen Metropolen muss diesen Emanzipationsprozess mit Verständnis, mit Sympathie und grundlegender Solidarität begleiten und darf sich darin auch nicht durch instrumentelle Menschenrechtskampagnen irre machen lassen. Der schreiende Widerspruch zwischen den Wohlstands- und den Armutszonen auf dem Globus, die unmoralische Politik der doppelten Standards rief aber stets auch politische und ideologische Formen des Widerstands hervor, die mit unseren Ansprüchen auf eine zukunftsorientierte, demokratisch-rechtsstaatliche Entwicklung zumindest punktuell kollidieren können. Die Linke in Deutschland ist daher gut beraten, wenn sie angesichts der Spannbreite der »gegenhegemonialen« Kräfte konsequent ihr eigenständiges Programm verfolgt: Der Kampf für soziale Gleichheit und demokratische Freiheit ist und bleibt bei uns eng verbunden; die in die Matrix des Nationalstaats hineingekämpften Standards und Rechte sind von daher zu bewahren und auszubauen.

Eine auf Expansion nach außen gerichtete Politik führt regelmäßig auch zur Einschränkung, gar zur Aufhebung dieser Rechte im Inneren des aggressiven Staates. Die beschönigend Globalisierung genannte Verlagerung von immer mehr Entscheidungen auf abgehobene und weitgehend demokratisch unkontrolliert arbeitende internationale Entscheidungsträger wie EU, OECD, WTO oder G8 entzieht nationalstaatlichen Gremien zudem wichtige Entscheidungsbefugnisse, vor allem in Wirtschafts- und Finanzfragen und in der Außen- und Sicherheitspolitik. Sich dagegen zur Wehr zu setzen, hat meist nichts mit engstirnigem Nationalismus zu tun, sondern mit Verteidigung von Demokratie.

Mit den Nationalstaaten hat sich ein politischer Handlungsraum, geprägt durch Gesetze, Kultur, durch Erfahrungen und Lebensweisen, herausgebildet. Mit der Europäischen Union ist ein neuer Raum der Klassenkämpfe entstanden, der Schritt für Schritt, vorangetrieben durch das Kapital, die nationalen Grenzen gesprengt hat. Die Hülle »Nationalstaat« war zu eng für das Expansionsstreben des Kapitals. Die Arbeiterbewegung wird noch gehörig Zeit und Empirie benötigen, um sich entsprechend auf diese neuen Handlungsbedingungen einlassen zu können. Weil wir daran arbeiten müssen, ist für uns die Partei der Europäischen Linken so zentral. Aber ein nüchterner Blick sagt uns auch, dass die Einzelstaaten auf längere Sicht die Hauptarena der sozialen und politischen Kämpfe bleiben werden.

Es ärgert uns, wenn auch Linke undifferenziert alles Moderne, Schöne und Fortschrittliche Europa bzw. der EU zuschreiben. Der Chic ersetzt die Analyse.

Europa als neuer Raum von Klassenkonflikten macht es nicht nötig, darüber eine Soße neuer Mythen und Verklärungen zu gießen. Weder ist der Nationalstaat aus seinem Wesen her besonders reaktionär – wenn die Unterdrückungsform jedes Staates anerkannt wird – noch ist Europa vom Wesen der EU her besonders fortschrittlich. Linke sollten vielmehr nüchtern analysieren, welche Ebene jeweils die größten Potenziale für Demokratisierung, für Frieden und die Entfaltung sozialer Kämpfe bietet. Große Hoffung wird heute darauf gesetzt, dass der Souveränitätsverlust von europäischen Nationalstaaten eines Tages durch eine Weiterentwicklung der Europäischen Union aufgehoben wird. Doch zur Herausbildung einer wirklichen europäischen Demokratie fehlt es noch an einer gesamteuropäischen Öffentlichkeit und Gegenöffentlichkeit sowie einer auch nur kritischen Medienlandschaft. Sie existiert heute erst in bescheidensten Ansätzen. Vor allem fehlt es der EU an der besonderen, reziproken Treuepflicht einer modernen republikanischen Staatsbürgerschaft. Daran ändert auch der »Reform«-Vertrag nichts. Diese Treuepflicht bestünde darin, dem Staatsbürger im Austausch für seine Unterstellung unter die staatliche Hoheitsgewalt entsprechend sozialen Schutz zu gewähren. Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist diese reziproke Treuepflicht in Absatz 1 von Artikel 20 fest verankert: »Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat«.

Wir sind solidarisch mit den Völkern, deren direkte Konfrontation mit den USA engere Kampfbedingungen diktieren. Trotz dieser Bedrohung sehen einige (z. B. Venezuela und Bolivien) die Notwendigkeit, ihre Verfassungen zu ändern, um zu radikaldemokratischen, sozialen Fortschritten zu gelangen. Jedoch: »Sozialismus des 21. Jahrhunderts« heißt in Deutschland, die Realität unseres Landes an die bestehende Verfassung und nicht die Verfassung an die jetzigen Kräfteverhältnisse anzunähern, in denen z. B. Gewerkschaften eine historisch einmalige Schwäche verzeichnen. Vermutlich braucht die Durchsetzung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, des Sozialstaats und der Sozialismus-Option unseres bestehenden Grundgesetzes eine ähnliche Mobilisierungsanstrengung wie die Durchsetzung einer veränderten Verfassung in Venezuela und Bolivien. In diesem Zusammenhang lohnt es sich auch, das Grundgesetz gegen einen neoliberalen Umbau via EU und gegen den antidemokratischen, militaristischen, sozialstaatsfeindlichen »Reform«Vertrag zu verteidigen. Dem Grundgesetz neues Leben zu geben ist im Übrigen ein Projekt, in dem die klassisch linke Sollbruchstelle von »Reformkräften contra demokratische Revolutionäre« überwindbar wird.

Und so kann man gleichermaßen Internationalist wie Patriot sein. Vorbilder sind uns dabei Künstler und Politiker wie Bertolt Brecht, Heinrich und Thomas Mann, Hanns Eisler, Willy Brandt, Johannes R. Becher und viele andere mehr, die selbst in den schwärzesten Stunden der deutschen Geschichte nicht ihre Hoffnung verloren, dass Menschen auch in Deutschland sich vom Faschismus abwenden. Wenn wir uns mit demokratischen Ressourcen in Nationen befassen, dann anti- und internationalistisch. Die Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg sangen unter den Angriffen deutscher Flugzeuge von Heimat. Viele Antifaschisten suchen davon den Plural, weil sie mehrere »Heimaten« fühlen. Andere hatten nur eine Heimat zu verlieren, wie der wunderbare jüdische Poet Theodor Kramer: »Andre, die das Land so sehr nicht liebten/warn von Anfang an gewillt zu gehn/ihnen – manche sind schon fort – ist’s besser/ich doch müsste mit dem eignen Messer/meine Wurzeln aus der Erde drehn«. Dagegen inszeniert die für das Finanzkapital wütende Rechte nur eine zynische Vortäuschung von Entwurzelungsangst.

Wie oft ist dieses Deutschland verflucht worden. In seinen Namen sind die Schoah und 20 Millionen ermordete Sowjetmenschen eingeschrieben. Und doch: Die Hoffnung auf ein anderes Deutschland blieb lebendig. So notierte Hanns Eisler die ersten Skizzen für die »Deutsche Symphonie« 1937 im amerikanischen Exil und Bertolt Brecht wagte darin zu formulieren, dass die in den Konzentrationslagern gefangenen und malträtierten Antifaschisten »mit allen unaufhaltsam Weiterkämpfenden die wahren Führer Deutschlands« sind. Welch eine Zuversicht – welch eine Verpflichtung!

Die Autoren sind Abgeordnete der LINKEN im Deutschen Bundestag. Quelle: Neues Deutschland, Sa., 8.2. 07

 


 

Beschluss 2007-25
Keine Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn
Beschluss des Parteivorstandes vom 25. August 2007


Es darf keine Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn geben. Sie würde einen gravierenden Bruch des Grundgesetzes, das die Gewährleistung der Verkehrsdienstleistungen und Infrastrukturausstattung durch den Staat festschreibt, darstellen. Wir fordern den Erhalt der DB im vollständigen Eigentum des Bundes als Voraussetzung für eine moderne, kundenorientierte, sichere und bezahlbare Bahn.

Alle Mitglieder der Partei DIE LINKE. sind aufgerufen, gemeinsam mit den Gewerkschaften und den Antiprivatisierungsbewegungen ihren Widerstand gegen die Pläne der Bundesregierung nochmals zu intensivieren. Der geplante Börsengang würde die größte Verschleuderung öffentlichen Eigentums in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland darstellen. Auch deshalb haben sich mehr als 70% der Bevölkerung gegen die Bahnprivatisierung ausgesprochen.

Der Vorschlag, die Privatisierung mit sogenannten "Volksaktien" durchzuführen, ist keine Alternative zur Erhaltung der Bahn im Eigentum des Bundes. Das zeigen auch die Erfahrungen mit der ebenfalls als "Volksaktie" propagierten Telekom-Aktie und das Verhalten des Telekom-Konzern seit der Privatisierung. Gerade unter den allgemein anerkannten Bedingungen des dramatischen Klimawandels darf die Bahn nicht verkauft werden. Sie ist das gegenwärtig umweltfreundlichste motorisierte Verkehrsmittel mit einem großen ökologischen Entwicklungspotential.

Eine weiter und verstärkt auf Rendite orientierte Unternehmenspolitik würde das Schienennetz weiter kappen, Strecken stilllegen, Mitarbeiter entlassen, Lohndumping begünstigen, dem öffentlichen Mobilitätsbedarf im Personen- und Güterverkehr nicht entsprechen, den Erhalt und den Ausbau der Schieneninfrastruktur gefährden und enorme Haushaltsrisiken für die öffentliche Hand herbeiführen.

Seit Beginn der bereits im Vorgriff auf die geplante Privatisierung verfolgten Bahnreform wurde die Zahl der Beschäftigten bereits um über 200.000 Menschen halbiert, Realeinkommen und Arbeitsbedingungen erheblich verschlechtert. Die Privatisierungspläne der Bundesregierung gefährden weitere Zehntausende Arbeitsplätze. Mit einem Börsengang besteht die Gefahr, dass noch mehr Verkehr von der Schiene auf die Straße verlagert wird.

Alle bisherigen Privatisierungen von Staatsbahnen sind gescheitert. Inzwischen gibt es Bemühungen von Staaten, die privatisierten Unternehmen zurückzukaufen (siehe z.B. GB, Estland hat bereits zurückgekauft). Auch beim Verbleib der DB AG in staatlicher Hand muss über den weiteren Fortgang der Bahnreform, ob in integrierter oder in getrennter Organisationsform zwischen Betrieb und Infrastruktur weiter inhaltlich beraten und auch gestritten werden.

Dabei ist zu beachten, dass DIE LINKE bei ihrer Positionsfindung sowohl die Interessen der betroffenen Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften wie auch die Interessen der Bahnkundinnen und Bahnkunden berücksichtigt. Der vorliegende Gesetzentwurf zur Bahnprivatisierung ist selbst in den Regierungsparteien umstritten. Die Verkehrsminister der Länder lehnen den Gesetzentwurf ab. Der Parteivorstand erwartet von den parlamentarischen Vertretern der Partei auf Bundes- und Länderebene, den Widerstand gegen die Privatisierung der Bahn zu verstärken, eigene Initiativen zu entwickeln und intensiv mit den außerparlamentarischen Bewegungen zusammenzuarbeiten.

Die Partei DIE LINKE erklärt sich solidarisch mit den von den Privatisierungsplänen betroffenen Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern und unterstützt die von den Gewerkschaften beschlossene Ablehnung der Privatisierung der DB AG. Sie unterstützt das Bündnis "Bahn für alle".

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03.08.2007 – Fraktion DIE LINKE.

Verhängnisvolle Privatisierung

Hätte Adam Smith, der Vater des Ökonomischen Liberalismus, die Eisenbahn noch erlebt, hätte er sie wahrscheinlich wie die Post im Eigentum des Staates sehen wollen. Die heutigen Neoliberalen überrennen alles, was selbst von Liberalen an ordnungspolitischer Vernunft geäußert wurde. Eine Auseinandersetzung mit dem Privatisierungsproblem ist dringend nötig. Wenn es schon nicht um die ursozialistische Forderung »Was des Volkes Hände schaffen, soll des Volkes eigen sein« gehen soll, so doch zumindest um die Frage, wie die durch das Grundgesetz gebotene Sozialpflichtigkeit des Eigentums zu gewährleisten ist.

Warum sollte die Bahn nicht privatisiert werden?
Erstens, weil es zu den Hoheitsaufgaben des Staates gerechnet werden muss, die Mobilität von Menschen und Gütern politisch zu garantieren. Zu diesen Aufgaben gehören eben nicht nur die der allgemeinen Sicherheit, Polizei und Strafvollzug, sondern die Komponenten öffentlicher Daseinsvorsorge wie Wasser- und Abwassersysteme, Energieversorgung und Informationsnetze. Hoheitsaufgaben sind nicht wirklich übertragbar. Auch wenn der Staat öffentliche Unternehmen privatwirtschaftlichem Management überträgt oder sie privatisiert, bleibt er den Bürgern gegenüber in der Verantwortung. Bleibt die Frage, ob private Bewirtschaftung im Vergleich zu öffentlichen Unternehmen nicht effizienter sei. Die reichlichen Erfahrungen ermöglichen ein eindeutiges Urteil: Nein!

Die Bahn sollte zweitens deshalb nicht privatisiert werden, weil dies für die Bürger eindeutig von Nachteil wäre. Zwar wird behauptet, Private trügen im Unterschied zu staatlich eingesetzten Leitern ein ganz persönliches Risiko. Öffentliche Unternehmen seien der Nährboden eines vor allem von den Parteien genährten Filzes, in welchem Korruption und Vetternwirtschaft prächtig gedeihen würden. Aber ist das im privaten Bereich besser? Mussten von den großen Nieten in Nadelstreifen, die wegen Unfähigkeit ihre Unternehmen an den Rand des Ruins führten, dann doch einige abgelöst werden, wurde ihnen das mit millionenschwerer Abfindung versüßt; beim ALG II landete keiner von ihnen. Was bei öffentlichen Unternehmen zu Recht als Korruption angesehen wird, ist bei Privaten oft übliches legales Geschäftsgebaren. Vor allem: Die Möglichkeiten demokratischer Kontrolle sind im öffentlichen Bereich unvergleichlich besser. Das Muster der Folgen, wie es im Falle der Privatisierung der britischen Staatsbahnen besonders deutlich zutage trat, wiederholt sich sehr präzise immer wieder: Es wird zu einem für die Privaten günstigen Preis ein mehr oder weniger intaktes Unternehmen übernommen, Investitionen werden zurückgefahren, der Kapitalstock veraltet schnell, Havarien häufen sich; die Preise der Güter und Leistungen steigen und ihre Qualität sinkt, manchmal bis unterhalb der Gefahrengrenze; die Löhne stagnieren oder werden gekürzt; nicht sofort, aber bald werden Leute entlassen.

Wenn selbst CDU-Politiker befürchten, dass die Bahnprivatisierung zur Stilllegung vieler regionaler Strecken führt, so stützen sie sich auf eine gerade von ihnen verheimlichte Binsenwahrheit: Die Rentabilitätsmarge privater Unternehmen liegt erheblich über der von öffentlichen Unternehmen. Ein öffentliches (oder genossenschaftliches) Unternehmen lebt mit Gewinn zwar besser als ohne, ist aber mit »schwarzer Null« noch lebensfähig, rentabel; ein Privatunternehmen nicht, weil es den üblichen Tribut an die privaten Eigner leisten muss. Für die Bürger hat die Bahnprivatisierung wie die Privatisierung öffentlicher Unternehmen überhaupt nur Nachteile.

Von Harry Nick

Immer freitags: In der ND-Wirtschaftskolumne erläutern der Philosoph Robert Kurz, der Ökonom Harry Nick, die Wirtschaftsexpertin Christa Luft und der Wissenschaftler Rudolf Hickel Hintergründe aktueller Vorgänge.

 


 

Kurt Beck will nicht Kanzler werden

Blankes Entsetzen bei der SPD nach Tolerierungsangebot von Lafontaine

Er gehörte zwar nicht zu den geladenen Gästen des »Zukunftskonvents« der SPD in Hannover, dennoch war Oskar Lafontaine allgegenwärtig. Sein via Spiegel kolportiertes Angebot, den SPD-Vorsitzenden Kurt Beck zum Kanzler zu machen, falls dieser bereit sei, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen, »Hartz IV« und die neue Rentenformel zu revidieren, sowie die deutschen Truppen aus Afghanistan abzuziehen, überschattete die Programmdiskussion der Sozialdemokraten.

SPD-Fraktionschef Peter Struck nannte das Abgebot »lächerlich«. Die Partei werde sich an den Koalitionsvertrag halten und die Linkspartei »ewige Opposition bleiben». SPD-Generalsekretär Hubertus Heil bezeichnete Lafontaine als »Windbeutel«. Beck selber beschuldigte Lafontaine und dessen Partei in Hannover, »der Linken in Deutschland zu schaden«, denn die SPD sei in Fragen der sozialen Gerechtigkeit und des Friedens »das Original«

Auch Vizekanzler Franz Müntefering fühlte sich zu einer kleinen Tirade bemüßigt. Ein Bündnis mit der Linkspartei käme nicht in Frage. »Diese Truppe mit ihrer Mischung aus Traditionsbrigade und Lafontaineismus kann nicht mal Opposition. Der darf man die Verantwortung für unser Land nicht geben«, sagte er in der Bild am Sonntag.

Einzig der SPD-Linke Ottmar Schreiner mochte beim kollektiven Oskar-Bashing nicht mitmachen. »Die ganz große Mehrheit der SPD steht vom Bauchgefühl her den Aussagen der Linkspartei sicher deutlich näher als den Positionen der Union» sagte Schreiner in der Kölnischen Rundschau vom Wochendende. Darum sei es falsch, eine denkbare Koalition mit der Linkspartei kategorisch abzulehnen. Von seiner Partei verlangte der Bundestagsabgeordnete »deutliche Korrekturen«. Das gelte besonders für Hartz IV, aber auch für die Rente mit 67. Andernfalls drohe der Verlust der Glaubwürdigkeit in den wichtigsten traditionellen SPD-Milieus: gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern und Empfängern von Sozialleistungen.

Zitiert von wivo aus: junge Welt (ddp/AP/jW), 25/06/07


 

Wir müssen uns vor allen Dingen einmischen in aktuelle Auseinandersetzungen
Rede von Klaus Ernst zum Gründungsbeschluss der Partei DIE LINKE

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute gibt es eine aktuelle Pressemeldung von BILD.de mit einer aktuellen Wählerpotenzialanalyse. Nach dieser Analyse liegen wir zurzeit bei 24 Prozent in Deutschland. Das freut mich ungemein. Ich habe nur eine kleine Bemerkung dazu. Wenn die 24 Prozent, die uns wählen wollen, immer wissen würden, was wir hier tun, wären es vielleicht ein wenig weniger. Deswegen sollten wir aufpassen, dass wir tatsächlich unsere Politik in den Mittelpunkt stellen.

Eine zweite Vorbemerkung: Am 1. Juni 2003 fand hier im Estrel ein Sonderparteitag der SPD statt. Und auf diesem Parteitag, also vor vier Jahren, stimmten die Abgeordneten mit 80 Prozent für die Agenda 2010 von Schröder. Wir geben heute die richtige Antwort auf diese Agenda 2010 von Schröder!

Ich hatte vor zwei, drei Jahren Gelegenheit, auf einem Parteitag der PDS zu reden. Es ging damals um die Änderung des Namens. Wir hatten zuvor bereits mit Lothar Bisky die große Frage diskutiert – den Namen der PDS. Er hat gesagt, das ist gar nicht so einfach, wegen der Tradition. Ich habe damals Eurem Parteitag gesagt, weil ich in meiner Organisation, der WASG, spürte, dass da eine Angst vor der damaligen PDS vorhanden ist: "Liebe Genossinnen und Genossen, ich weiß, dass viele bei uns Angst vor euch haben. Aber deshalb braucht ihr doch keine Angst vor uns zu haben." Jetzt haben wir zwei Jahre lang miteinander verhandelt. Und ich kann Euch sagen, teilweise war die gegenseitige Angst auch berechtigt. Und wir haben – das hat man auch gestern gesehen – diese Parteibildung eigentlich bis zum letzten Augenblick ziemlich spannend gehalten. Diese letzte Irritation hat uns nicht gefreut. Ich habe einen groben Brief geschrieben, Ihr habt grob geantwortet, doch jetzt sollten wir das lassen.

Wir haben zweieinhalb Jahre diskutiert über die Parteibildung. Einigen ging es zu langsam, einigen ging es zu schnell. Einige saßen solange vor der Suppe und haben mit dem Kopf geschüttelt, bis wirklich ein Haar hineingefallen ist. Aber das Schöne ist, wir haben es geschafft. Jetzt reicht es. Lasst uns heute diese Parteigründung auch formal mit einem Beschluss zu Ende bringen. Die alten Parteien zu Ende bringen, die neue gründen. Und dass kein falscher Zungenschlag hineinkommt. Was wir heute hier machen, ist nicht das Ende des Parteibildungsprozesses. Es ist der Anfang. Weil draußen in den Ländern, in den Kreisen, in den Regionen – da muss die neue Partei entstehen, nicht nur hier auf diesem Parteitag.
Wir müssen uns vor allen Dingen einmischen in aktuelle Auseinandersetzungen in dieser Republik. Und wenn wir wissen, dass 50.000 Leute in der Telekom 40 Prozent weniger verdienen sollen und länger arbeiten sollen, dann müssen wir uns als LINKE einmischen. Wir müssen dabei sein, nicht nur im Parlament die Anträge stellen. Wir müssen vor Ort sein, mit den Kolleginnen und Kollegen reden. Sie dort unterstützen, wo sie die Auseinandersetzungen führen. Das ist der Job der neuen LINKEN!

Und wenn wir wissen, dass die Rentnerinnen und Rentner in unserem Land massiv bedroht werden durch niedrige Renten, dann müssen wir uns dort positionieren, müssen gemeinsam mit ihnen dazu beitragen, dass es in der Bundesrepublik wieder dazu kommt, dass man vor Altersarmut gesichert ist und nicht im Alter letztendlich als Bettler landen muss. Das ist Aufgabe der neuen LINKEN, sich einzumischen in die aktuellen politischen Debatten, mit den Menschen gemeinsam kämpfen und nicht nur für sie debattieren.

Wir haben – und das ist ein zweiter Punkt, den ich noch ansprechen möchte – in den letzten Jahren, Monaten einiges verändert. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass der DGB und seine Gewerkschaften, die heute auch hier nicht schlecht vertreten sind, Redner der SPD am 1.Mai ausgeladen haben, weil der DGB und seine Gewerkschaften immer mehr merken, dass die Sozialdemokraten zwar am 1.Mai die schlauen Reden halten, aber im Parlament gegenteilig abstimmen. Das ist gut so, dass der DGB und die Gewerkschaften darauf kommen. Das ist wirklich keine Selbstverständlichkeit. Und da sieht man die Veränderung. Dass Vertreter der LINKEN in den letzten Monaten und Wochen bei jeder wichtigen gewerkschaftspolitischen Auseinandersetzung dabei waren – Oskar Lafontaine bei AEG, Gregor Gysi bei anderen Streiks, gemeinsam bei der Telekom: Wir sind gefragte Diskussionspartner. Die Gewerkschaften haben gemerkt, mit der neuen LINKEN bildet sich ein neuer Ansprechpartner, bildet sich eine neue Möglichkeit, gemeinsam die politische Lage im Land wieder zugunsten der Arbeitnehmer zu verändern. Wir müssen uns als Partner anbieten. Auch das ist unser Job!
Und um das auch noch zu sagen, dass es keinen falschen Eindruck erweckt. Wir wollen nicht, dass das Prinzip der Einheitsgewerkschaftsgewerkschaft aufgegeben wird. Das Prinzip der Einheitsgewerkschaft heißt, dass der DGB und seine Gewerkschaften ihre Politik gegenüber allen Parteien vertreten, auch gegenüber uns. Aber wir hätten schon etwas dagegen, dass der eine oder andere meint, es ist sinnvoll mit der SPD zu reden, sinnvoll mit der CDU zu reden, sinnvoll möglicherweise auch mit den Grünen zu reden, die neue LINKE aber, die grenzen wir ein wenig aus. Die Vorstände, die noch nicht gemerkt haben, dass sie mit der neuen LINKEN eine Chance und auch einen Partner haben, ihre politischen Positionen im Parlament einzubringen, denen muss man sagen: Wir wollen genauso behandelt werden wie die anderen in dieser Republik. Und in diesem Zusammenhang noch ein Punkt, der mich stört: Wenn man bei der Besetzung der Vorstände der Gewerkschaften hinschaut, wo die parteipolitisch organisiert sind, dann sieht man, die sind in der SPD, in der CDU, bei den Grünen. Gegenwärtig scheint in den Gewerkschaftsvorständen noch selbstverständlich zu sein, dass man in einer Partei ist, die für die Rente mit 67 ist und die den Mindestlohn nicht einführt. Auch das muss sich ändern!

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, der Debatten sind nun genug geführt. Es liegt ein Antrag vor, dass wir die Debatten, ob wir nun die neue LINKE bilden oder nicht, auch formal beenden. Ich fordere Euch daher auf, unterstützt den Antrag der beiden Vorstände, der ehemaligen WASG und der ehemaligen Linkspartei, zur Gründung der neuen starken LINKEN.
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